08.04.2017

Laudatio für den Preisträger „Willkommenskultur Berkenthin und Umgebung“ anlässlich der Verleihung des Bürgerpreises Schleswig Holstein 2016

Wir kommen nun zu der zweiten Auszeichnung in der Kategorie Alltagshelden. Wohlgemerkt nicht zum zweiten Platz, sondern zum zweiten, gleichwertigen Preisträger.

Und dieser Preisträger ist der „Runde Tisch für Willkommenskultur und Flüchtlingsbegleitung in und um Berkenthin“.

Ebenso lang wie der vollständige Name des Projekts ist die Liste der Leistungen dieses Runden Tisches.

So wurde das Projekt schon vor der großen Flüchtlingswelle, die uns  2015 erreichte,  von den Menschen in Berkenthin ins Leben gerufen.

Sie haben strukturierte Rahmenbedingungen geschaffen und damit quasi einen Leitfaden in Sachen Integration entwickelt.

Das hat es den Bürgerinnen und Bürgern einfach gemacht und sie motiviert, an den Integrationshilfen des Runden Tisches mitzuwirken.

Die Geflüchteten, die in Berkenthin ankommen, werden individuell und persönlich langfristig betreut, sie erhalten praktische Hilfen, sei es beim Deutschunterricht, der Einrichtung der Wohnung, Schulbesuch, im Kindergarten oder bei Behördengängen.

Und oft spüren die Helfer und Helferinnen dabei die  Qualen der Bürokratie ebenso direkt wie die geflüchteten Menschen selbst.

Diese Hilfen kommen  ganz persönlich von den neuen Nachbarn  in Berkenthin, vor Ort, ehrenamtlich.

Wir konnten es im Film gut nachvollziehen.

(…)

Was passierte eigentlich in Deutschland, als scheinbar durch einen Satz unserer Bundeskanzlerin 100000de Menschen in unser Land kamen?

Als unzählige Menschen in unglaublicher Hilfsbereitschaft aktiv wurden?

Es gibt für die Willkommenskultur viele Gründe.

Viele Menschen schauen den gewalttätigen Auseinandersetzungen, die in unserer Welt in den letzten Jahren immer mehr Raum greifen, hilflos, wütend und traurig, auch mit Schuldgefühlen zu.

Geht es uns doch in unserem Land so gut!

Und aus dieser Hilflosigkeit und Betroffenheit entsteht die Hoffnung, dass wir selbst doch vielleicht etwas ändern könnten.

Dass es einen Weg zu einer besseren, solidarischen, friedlichen Welt geben könnte, ohne dies unendliches Leid unschuldiger Menschen, wie wir es im Fernsehen mit großer Distanz täglich erleben.

Klingt naiv, nicht wahr? Vielleicht ist es das auch.

Und als dann die geschundenen Menschen direkt vor uns standen, da haben Viele – wie in Berkenthin, gesagt:

„Egal, ob es richtig war, die Grenzen zu öffnen, unter geostrategischen oder wirtschaftlichen Aspekten:

Wenn sie hier bei uns sind, die Menschen aus Syrien, Eritrea, Somalia, Afghanistan, dem Irak,  dann helfen wir ihnen, kümmern wir uns, dass es für sie,  die Kinder, ein wenig Sicherheit und Geborgenheit gibt.“

Es ist klar: Ein Stofftier, einem Kind aus Syrien geschenkt, ändert nichts an dem großen Leid unserer Welt.  

Aber diesem einen Kind gibt es für einen Moment Trost und ist oft das Symbol für einen neuen Anfang. Dem dann aber Hilfen zur Integration, wie in Berkenthin, folgen.

Und das ist das Stück Hoffnung, das sich beispielhaft für viele  Initiativen mit dem Runden Tisch in Berkenthin verbindet.

„You may say, that I am a dreamer, but I am not the only one“. singt John Lennon in “Imagine”.

In Berkenthin gibt es diese Träumer, und es gibt sie noch an vielen Orten.

Die Humanität und Solidarität ganz praktisch leben, und nach dem ersten tröstenden Stofftier nicht aufhören sondern nun schon über Jahre die schrittweise, mühsame Integration zu unterstützen.

Und das viel zu oft und immer mehr gegen Kräfte, die das Gegenteil, die Ausgrenzung, Hass und Gewalt predigen.

Der Runde Tisch Berkenthin hat die Jury mit seinem nachhaltigen Beispiel für Willkommenskultur in Schleswig Holstein überzeugt und deshalb wird er heute mit dem Bürgerpreis 2016 in der Kategorie Alltagshelden ausgezeichnet.

Herzlichen Glückwunsch!

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