27.01.2005

LANDTAGSREDE: Rauchfreie Schulen durch Aufklärung, Vorbeugung und Rauchverbot

Wir sind uns einig, dass wir die rauchfreie Schule in Schleswig-Holstein aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Suchtprävention schaffen wollen. Allein in der Frage, wie wir dieses Ziel erreichen, gab es unterschiedliche Auffassungen. Ihnen liegt heute ein gemeinsamer Antrag von SPD, Bündnis90/Die Grünen und CDU vor, der sich in seinem Kern für ein Rauchverbot an Schleswig- Holsteins Schulen ausspricht. Dies bedeutet für meine Fraktion einen Paradigmenwechsel, der das Ergebnis einer ausführlichen Diskussion ist.

Wir haben nach dem Grundsatz gehandelt: Wenn wir neue Erkenntnisse haben, müssen wir unsere Meinung ändern. Und das haben wir getan. Es ist eine zentrale Aufgabe aller, die an der Erziehung junger Menschen beteiligt sind, diese davon zu überzeugen, dass Tabakkonsum für sie selbst und für andere Menschen schädlich ist. Wie viele Länder in Deutschland haben wir in Schleswig-Holstein in den letzten zwölf Jahren auf das Prinzip der Prävention und Aufklärung gesetzt. Viele gute Initiativen und Programme sind dabei entwickelt worden.

Wir sind auch heute noch der Auffassung, dass diese Programme grundsätzlich richtig und wichtig, möglicherweise aber nicht ausreichend waren. Denn: Insgesamt hat sich das Raucherverhalten nicht zum Besseren verändert. Nach zwölf Jahren haben die Programme nicht den von uns gewünschten Erfolg gebracht. Der Nikotinkonsum an Schulen ist gestiegen, das Alter der mit dem Rauchen beginnenden Kinder sinkt immer weiter; wir stehen bei einem durchschnittlichen Eintrittsalter in die Sucht von 12,6 Jahren. Wir stellen einen signifikanten Unterschied bei der Rauchfrequenz zwischen den einzelnen Schularten fest – am Gymnasium wird später und weniger geraucht als an der Hauptschule, und der Anteil der rauchenden Mädchen steigt ebenfalls. Und es kann wohl als einigermaßen gesichert angesehen werden, dass eher diejenigen Schüler an den Cannabis-Konsum geraten, die vorher schon rauchen, als Nichtraucher.

Dies sind alarmierende Entwicklungen, die mich und meine Fraktion nach einem – wie sie sich vorstellen können – nicht einfachen Diskussionsprozess zu dem Entschluss geführt haben, die Präventions- und Gesundheitsprogramme durch ein generelles Verbot des Rauchens auf dem Schulgelände zu ergänzen. Wir glauben, dass es aufgrund der beschriebenen Entwicklung richtig ist, den Schulen und Schulleitungen auch von Seiten des Parlaments den Rücken zu stärken und deutlich zusagen: Rauchen an Schleswig-Holsteins Schulen ist verboten.

Denjenigen, die bemängeln werden, dass Verbote alleine nichts nützen, das Problem nur verschieben, sei gesagt: Alle bisherigen präventiven Maßnahmen sind damit in keiner Weise überflüssig, im Gegenteil – sie müssen fortgeführt und weiterentwickelt, ja: verstärkt werden. Denn in einem sind wir uns sicher einig: Es reicht uns nicht aus, das Rauchen aus der Schule zu verdammen. Was wir wollen, ist neben der rauchfreien Schule vor allem der rauchfreie Schüler, in und außerhalb der Schule. Und das bedeutet eben auch, dass das Rauchverbot in Schulen in Zukunft ein wichtiges Signal, aber auch nur ein Baustein in einem Gesamtkonzept darstellt, das Rauchen für Kinder und Jugendliche wirksam bekämpft.

Wir stehen mit der Entscheidung, das Rauchen an Schulen grundsätzlich zu verbieten, nicht allein in Europa. Da ich weiß, dass der SSW unserem Antrag nicht folgen wird, sage ich gleich etwas zu Skandinavien: In Schweden z.B. gibt es das Rauchverbot an Schulen schon lange. Was aber wichtiger ist: Es rauchen dort nur halb so viele Schüler wie bei uns! Ähnliches gilt für Finnland, aber auch viele nichtskandinavische Länder.

Und dass eine Umfrage im Auftrag des SPIEGEL im Dezember 2004 das Ergebnis erbracht hat, dass 79 % der Bevölkerung bei uns ein Verbot des Rauchens an Schulen unterstützen, zeigt die grundsätzliche Akzeptanz dieses Weges. Ein rauchfreies Schulgebäude ist ein Schlüsselelement, um den Einstieg in den Tabakkonsum zu erschweren. Und dass 27 % der Schüler ihre Lehrkräfte täglich beim Rauchen sehen, lässt erahnen, dass die Bemühungen von Lehrkräften, über die schädlichen Folgen des Rauchens aufzuklären, unglaubwürdig bleiben, so lange ein Teil von ihnen in der Schule als Rauchende wahrgenommen wird.

Ich will aber auch betonen, dass das Bemühen um den nichtrauchenden Schüler nicht den Schulen allein überlassen werden darf. Was wir brauchen, ist langfristig ein gesellschaftliches Klima des Nichtrauchens, dies ist die unverzichtbare Grundlage für alle Präventions- und Aufklärungskampagnen. Und ein Rauchverbot an Schulen wiederum ist ein wichtiger Baustein eines solchen gesellschaftlichen Klimas des Nichtrauchens.

Ein weiterer Beitrag liegt im außerschulischen Bereich. Ich halte es für dringend erforderlich, dass wir in Deutschland endlich zu einer Konzessionierung von Tabakverkauf kommen und die Zigarettenautomaten abschaffen, um damit die völlig problemlose Verfügbarkeit von Tabakwaren für Kinder und Jugendliche einzuschränken. Auch die kaum beschränkte Werbung für Tabakprodukte, die besonders Jugendlichen vermittelt, man müsse beim Rauchen dabei sein, um im Leben dabei zu sein, gehört gesundheitspolitisch endlich auf den Prüfstand.

Es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass bei einer im Parlament über Jahre kontrovers diskutierten Frage sich gerade im Wahlkampf die beiden großen Parteien gemeinsam mit BG auf einen neuen Weg einigen, der sicher auch zu kritischen Diskussionen in der Fachöffentlichkeit führen wird. Aber ich meine auch ein gutes Zeichen darin erkennen zu können, dass das in unserem Parlament möglich ist. Auch insofern ist dieser vorliegende Antrag bemerkenswert.

Ich bitte um ihre Zustimmung.

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