29.09.2005

LANDTAGSREDE: Verhandlungen auf Augenhöhe – wir sind kein Juniorpartner

Norddeutsche Kooperation und Zusammenarbeit mit Hamburg sind keine Zauberworte, die alle Probleme lösen, sie sind aber der richtige Weg, um gemeinsame Interessen zu vertreten und im Bereich der Verwaltung effektiver und effizienter zu arbeiten. Die letzte Landesregierung hat sehr intensiv mit dieser Zusammenarbeit begonnen. Dass die jetzige Landesregierung diesen Weg fortsetzt, begrüßt die SPD- Fraktion ausdrücklich.

Heute geht es um die Zusammenlegung der Landesmedienanstalten ULR und HAM und die Abläufe bis zu einem möglichen Staatsvertrag. Die beiden Medienanstalten haben bereits über eine verstärkte Zusammenarbeit gesprochen und sehen Hamburg und Schleswig-Holstein als einen „einheitlichen Kommunikationsraum“. Konkret beschäftigen sich die Anstalten mit den Problemen und Auswirkungen des so genannten Handy TV über DVB-H ( Digital Video Broadcasting Handheld) und DMB (Digital Multimedia Broadcasting). Eine intensive Zusammenarbeit gab es bereits bei der Einführung von DVB-T, dem digitalen Antennenfernsehen.

Wir freuen uns, dass ULR und HAM den heute vorliegenden Entschließungsantrag begrüßen. Sie sehen in einer Medienanstalt Nord eine Stärkung des Medienstandortes.

Eine bundesweite Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten gibt es bereits im Rahmen der KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration) und der KJM (Kommission Jugendmedienschutz) und nach Vorstellung der ULR soll eine weitere Kommission zu den Themen Medienwirtschaft, Programmaufsicht und europäische Medienpolitik ihren Sitz im Norden haben.

Unsere ULR hat bei einer Fusion mit der HAM eine ganze Reihe von „Spezialitäten“ einzubringen, die in Hamburg zur Zeit eher schwach ausgebildet sind. Der Offene Kanal gehört dazu, der in Schleswig-Holstein außerordentlich erfolgreich ist. Hier sehen wir im Rahmen der Fusion die Chance, in Hamburg einen flächendeckenden Bürgerrundfunk einzurichten, da der OK über die erforderliche Erfahrung verfügt.

Die ULR betreibt auch die Ausbildung von Medienprofis. So wurde in diesem Jahr eine weitere Ausbildungsstelle für „Mediengestalterin oder Mediengestalter Bild/Ton“ geschaffen. Schließlich ist durch Beschluss des Landtages im vergangenen Herbst der Aufgabenkatalog der ULR erweitert worden. Erstmals in Deutschland wird eine Landesmedienanstalt Gütesiegel für TV-Decoder vergeben können.

Dies macht deutlich: Wir haben bei der Zusammenlegung der Landesmedienanstalten Bedeutendes einzubringen und sind kein Juniorpartner. Das gilt auch für die Filmförderung. In diesem Feld verspricht sich die SPD- Fraktion eine Stärkung des bisherigen Engagements auch und besonders für die kulturelle Filmförderung.

Ich zitiere zur Verdeutlichung den Direktor der ULR, Gernot Schumann, anlässlich der „Television Baltica“ auf der BERLINALE im Februar dieses Jahres: „Der Film- und Fernsehproduktionsstandort Schleswig-Holstein muss sich stärker den Filmproduktions- und Absatzmärkten im Ostseeraum, besonders in den neuen EU- Mitgliedsstaaten, öffnen. Länderübergreifende Kooperationsmöglichkeiten müssen sondiert, geprüft und weiter ausgebaut werden.“

Die SPD-Fraktion verspricht sich durch die Zusammenlegung der Medienanstalt Nord auch eine durchgreifende Stärkung der Eigenproduktion von Filmen und Fernsehbeiträgen in Schleswig-Holstein und Hamburg, auch für den Ostseeraum, besonders aber bei freien Produktionen, die nicht explizit für den NDR gedacht sind.

Ein Blick in den Koalitionsvertrag verdeutlicht die gemeinsamen Verabredungen zu Medienpolitik der Regierungsfraktionen: „Die ULR soll neben der Aufsicht über die privaten Medien auch eine medienwirtschaftliche Servicefunktion gegenüber diesen Anbietern wahrnehmen. Gemeinsam mit Hamburg soll über eine stärkere, länderübergreifende Zusammenarbeit der Medienanstalten, der Filmfördereinrichtungen und der Ausbildungsangebote diskutiert werden. Medienförderung soll auch als Wirtschafts- und Technologieförderung verstanden werden.“

Zur Position der SPD – Fraktion passt dies gut: Medienpolitik ist nach Auffassung der SPD- Fraktion Kultur- und Informationspolitik auf der einen und Wirtschafts- und Regionalpolitik auf der anderen Seite der Medaille.

Ich fasse zusammen:

  • Wir begrüßen die Absicht der Landesregierung, eine Fusion der ULR und der HAM voran zu bringen. Dies gilt, obwohl meiner Meinung nach ein Zusammengehen mit den fünf norddeutschen Ländern sinnvoller wäre. Auf eine umfassende bundesweite Zusammenarbeit, wünschenswert auch gerade im europäischen Kontext, werden wir wohl noch länger warten müssen.
  • Wir legen Wert auf die Feststellung, dass Schleswig-Holstein in dieser neuen Medienanstalt Nord und bei den Verhandlungen auf den Weg dorthin kein Junior-Partner ist. Wir haben etwas einzubringen, deshalb erwarten wir eine Begegnung auf Augenhöhe
  • Die Besonderheiten der ULR, nämlich die Gütesiegel für TV-Decoder, die Erfolge im Bereich der Ausbildung und besonders die erfolgreichen Offenen Kanäle müssen sich erkennbar und gesichert in einem Staatsvertrag wieder finden; hier kann Hamburg von uns – wie wir in anderen Bereichen von Hamburg – profitieren
  • Das Parlament soll bitte, Herr Ministerpräsident, rechtzeitig und umfassend – und ich sage dies auch hier und heute rechtzeitig und umfassend – vor der Paraphierung des Staatsvertrages beteiligt werden. Wir bitten da um dringende Beachtung
  • Der heute von uns gewählte Medienrat der ULR wird mit Inkrafttreten der Fusion seine Aufgabe verlieren. Die Interessen Schleswig-Holsteins müssen in der neuen Medienanstalt Nord auch insofern gewahrt bleiben, dass eine angemessene Vertretung unseres Landes im neuen Medienrat gewährleistet ist.

Die Medienanstalt Nord bietet eine Chance, aber wir müssen sie auch nutzen – partnerschaftlich und gleichberechtigt.

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