14.09.2006

LANDTAGSREDE: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht eine tragfähig Finanzierung

Herr Präsident, ich gratuliere Ihnen zunächst zur neuen computergestützten Infosäule des Landtages hier unten an der Kiellinie, von der heute in der Zeitung zu lesen war. Haben Sie schon überprüft, ob wir dafür Rundfunkgebühren zahlen müssen? Ich meine, wir müssen!

Wir beschäftigen uns heute mit einem Anachronismus, wenn wir über das System der Rundfunkgebühren und über die neue Erfassung von Internetfähigen Computern und Handys reden. Das System ist nicht mehr geeignet, dem technischen Fortschritt zu folgen, und wird in Zukunft immer wieder zu Verwerfungen führen. Es muss grundlegend geändert werden. Zum einen, weil die technische Entwicklung immer neue Plattformen, Übertragungswege und Empfangsmöglichkeiten hervorbringen wird. Zum anderen, weil das Bundesverfassungsgericht, das von mehreren Klägern angerufen wurde, Vorgaben machen wird.

Bei der Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages wurden offensichtlich Fehler eingearbeitet, die bei der Verabschiedung nicht gesehen wurden. Deshalb hat der Antrag der Grünen auch einen wahren Kern. Allerdings halten wir nichts davon, durch die Vermischung verschiedener Themenbereiche das eigentliche Ziel möglicherweise zu gefährden.

Hintergrund ist der 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, dem alle Länderparlamente zugestimmt haben, auch wir. In diesem Staatsvertrag ist u. a. festgelegt, dass ab 01. Januar 2007 auch für so genannte neuartige Rundfunkempfangsgeräte – dazu gehören internetfähige Computer und auch Handys – Rundfunkgebühren in voller Höhe zu zahlen sind. Diese Gebührenpflicht für Internet-PCs wird bei Privatpersonen allerdings nur dann wirksam, wenn sie bislang kein Fernsehgerät angemeldet haben. Ein zusätzlich vorhandener internetfähiger Computer hat keine Auswirkungen, siehe Zweitgerätebefreiung. Hat aber eine Privatperson z. B. nur ein Radiogerät angemeldet und besitzt darüber hinaus einen Internet-PC, wird künftig der Computer zusätzlich mit 17,03 Euro gebührenpflichtig.

Ein Problem ist die sich daraus ergebende Situation bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, die bisher in ihren Arbeitsräumen kein Fernsehgerät angemeldet hatten. Hat diese Firma nur Radiogeräte angemeldet, müssten jetzt für vorhandene internetfähige Computer zusätzliche Gebühren bezahlt werden.

Und wenn das Unternehmen gar keine Fernsehgeräte zum Empfang bereithält, wären genutzte Internet-PCs gebührenpflichtig, egal, ob sie Rundfunk- oder Fernsehsendungen empfangen. Diese Pflicht besteht allerdings nur für ein Gerät, wobei es egal ist, wie viele weitere Internet-PCs in der Firma am selben Ort vorhanden sind.

Nun sollte man auf der einen Seite dieses Problem ernst nehmen, weil wir auch die Notwendigkeit sehen, dass Firmen nicht ungerechtfertigt mit Gebühren belastet werden, ohne entsprechende Leistungen in Anspruch zu nehmen. Wir sollten dieses Problem aber auch nicht überbewerten, da die zu zahlenden Gebühren nach den jetzigen Plänen überschaubar sind. Trotzdem geht es um die Herstellung einer gerechten und nachvollziehbaren Regelung.

Dieser Grundsatz ist nicht gegeben, wenn unabhängig von der Frage, ob ein Gerät wirklich zum Empfang von Rundfunk- oder Fernsehsendungen genutzt wird, Gebühren dafür gezahlt werden. Deshalb bitten wir in unserem Antrag die Landesregierung, sich für ein Moratorium einzusetzen, damit in den zwei Jahren eine geeignete Lösung gefunden werden kann. Einen weiteren Grund, für diesen Zeitraum die strittigen Gebühren auszusetzen, habe ich bereits genannt: Das Bundesverfassungsgericht wird die Maßstäbe für eine Neuordnung demnächst vorgeben.

In der Presse wurde berichtet, dass die ARD-Intendanten einen modifizierten Vorschlag gemacht haben. Danach würde ab dem 01.01.2007 nicht die TV-Gebühr in Höhe von 17,06 Euro in den strittigen Fällen erhoben, sondern lediglich die Radiogebühr in Höhe von 5,52 Euro. Das hört sich besser an, als es ist. Es würde dazu führen, dass die ARD-Sender und das Deutschlandradio zusätzliche Einnahmen aus der Radiogrundgebühr für Internet-PCs hätten, das ZDF müsste eigentlich leer ausgehen, weil die Mainzer keine Radiosendungen anbieten. Den Vorschlag, das ZDF trotzdem an diesen Gebühren zu beteiligen, halte ich für rechtlich problematisch, das ist aber eher ein Thema für ein Juristenseminar.

Ich will betonen, dass ich grundsätzlich dafür eintrete, dass den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihre Finanzierung weiterhin gesichert wird. Es kann nicht sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk allein von einer irgendwann immer kleiner werdenden Zahl von Menschen finanziert werden muss, die über die herkömmlichen Empfangskanäle die Sendungen empfangen, während andere Menschen mit neuen Geräten, die wir im Moment z.T. noch nicht einmal kennen, einen gebührenfreien Empfang haben. Insofern muss eine dringend notwendige Überarbeitung des Finanzierungssystems im Bereich der Rundfunk- und Mediendienste auch die faire und ausreichende Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewährleisten.

Stimmen sie unserem Antrag zu! Er berücksichtigt die Notwendigkeit kurzfristiger Intervention bei der PC/Handy-Problematik und gibt uns die Möglichkeit, uns im Fachausschuss gründlich auf die kommende Auseinandersetzung um eine neue Finanzierung von Hörfunk- und Fernsehangeboten vorzubereiten.

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