29.02.2008

LANDTAGSREDE: Zentralisierung der Medienaufsicht?

Was bringt der 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag? Die wesentliche Änderung betrifft eine Reform der Landesmedienanstalten. Der 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist auf die künftige Organisation der Aufsicht der privaten Rundfunkanbieter und auf eine Reihe von technischen Verfahrensfragen ausgerichtet. Wie wir noch sehen werden, verbirgt sich dahinter auch medienpolitischer Sprengstoff.

Künftig soll es bei den Landesmedienanstalten eine neue Zulassungs- und Aufsichtskommission (ZAK) geben, die für private Rundfunkprogramme mit bundesweiter Zulassung zuständig ist. Die Beschlüsse der ZAK sind dann bindend und müssen von der für den jeweiligen Sender zuständigen Landesmedienanstalt umgesetzt werden. Die Zuständigkeiten der Landesmedienanstalten für landesweite und regionale Programme bleiben unberührt.

Damit ist die ZAK z. B. zuständig für das Programm von RTL oder SAT 1, die Medienanstalt Hamburg-Schleswig-Holstein für RSH, NORA und Delta-Radio. Beteiligt an den Beschlüssen der ZAK ist die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten, soweit es um bundesweite Übertragungsrechte geht.

Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) wird von bisher sechs auf dann zwölf Mitglieder ausgeweitet und schließlich soll die gemeinsame Kommission der Landesmedienanstalten, in der sich vier Kommissionen befinden, eine gemeinsame Geschäftsstelle bekommen.

Bemühungen, eine der neuen Kommissionen in Norderstedt bei der MAHSH anzusiedeln, wird von unserer Seite ausdrücklich unterstützt und ich denke, es sollte der Wunsch des gesamten Hauses sein.

Die politische Brisanz der Installierung der neuen Kommissionen liegt darin, dass wir bei der Aufsicht und der Zulassung privaten Rundfunks und bei den technischen Änderungen eine zunehmende Konzentration feststellen. Ursprünglich waren die Landesmedienanstalten im föderalen System der Kulturhoheit und damit auch der „Rundfunkhoheit“ der Länder mit den Aufgaben betraut, die heute von den gemeinsamen, bundesweiten Kommissionen geleistet werden.

Es hat also schrittweise ein Konzentrationsprozess stattgefunden, der Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die die Landesmedienanstalten für ein verstaubtes Relikt aus „alter Zeit“ halten und sich für eine bundesweite Medienanstalt einsetzen. Ob dieser Weg richtig ist, sollten wir in den Ausschüssen beraten und uns deutlich positionieren.

Ein weiterer Bestandteil des Staatsvertrages ist die Regulierung aller technischen Verbreitungsformen für den Rundfunk. Das bedeutet: Neben den bereits regulierten Kabelnetzen kommen jetzt auch Satelliten unter deutscher Hoheit und Plattformen für Handyfernsehen und Internet Protocol (IP) hinzu. Daraus sollen sich für bundesweit agierende Rundfunkanbieter vereinfachte Zulassungs- und Aufsichtsverfahren ergeben.

Erfreulich ist, dass durch den 10. Änderungsvertrag genaue Vorschriften über Gewinnspiele erlassen werden und dass der Jugendschutz einen besonderen Stellenwert erhält. Im Bereich des Verbraucherschutzes gelten die Regeln des EG-Verbraucherschutzgesetzes.

Wichtig ist, dass im § 19 a, in dem die Digitalisierung enthalten ist, die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio ihrem Auftrag durch Nutzung aller Übertragungswege nachkommen können. Das bedeutet praktisch auch das Ende der analogen terrestrischen Übertragungswege. Aber nur dann, wenn der Empfang über einen anderen Übertragungsweg gesichert ist.

Schließlich will ich noch die gemeinsame Protokollerklärung von Hamburg und Schleswig-Holstein erwähnen, in der die Sicherstellung von Regionalfensterprogrammen bei den privaten Sendern ausdrücklich begrüßt wird. Beide Länder setzen sich aber auch für mehr redaktionelle Unabhängigkeit der Programme durch eine Trennung von Haupt- und Fensterprogrammveranstaltern ein.

Rundfunk ist nach unserer Auffassung vor allem Kulturgut eines Landes und in zweiter Linie erst Wirtschaftsgut. Das wird in anderen Staaten und auch in Teilen der EU-Kommission anders gesehen. Das Recht der Bürger unseres Landes auf eine umfassende und von staatlichen Einflüssen freie Information beinhaltet auch ein Recht auf eine Information, die frei ist von finanziell-wirtschaftlichen Zwängen. Das duale Rundfunksystem in Deutschland hat sich grundsätzlich bewährt und muss erhalten bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat sich dazu mehrfach deutlich geäußert und dabei das Grundrecht auf Informationsfreiheit unterstrichen.

Der 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird diesem Auftrag gerecht, in dem er notwendige Regelungen formuliert und Verantwortlichkeiten zuordnet. Rundfunkrecht ist damit nicht nur einfache Juristerei, sondern wirkt auch unmittelbar auf die Gesellschaft ein. Daher wäre ein größeres Interesse an solchen oder ähnlichen Bestimmungen wünschenswert.

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