16.12.2011

LANDTAGSREDE: Endlich alle Fakten restlos und transparent darlegen

Landtagsrede vom 16.12.2011 TOP 67, Aufklärung über Asbestmülltransporte durch und nach Schleswig-Holstein (Drucksache 17/1972,17/2027)

Die Vorgänge um den geplanten Transport von asbesthaltigem Industriemüll aus der Region Hannover auf die Deponie Ihlenberg/Schönberg und nach Rondeshagen haben sich zu einem Musterbeispiel entwickelt, wie Behörden untereinander und mit der vom Transport betroffenen Bevölkerung nicht umgehen sollten.

Dass die Information über die geplanten Transporte nach Ihlenberg und Rondeshagen nach Aussage des Umweltstaatssekretärs Rabius erst durch die Presseberichterstattung im Ministerium angekommen ist, ist, gelinde gesagt, seltsam. Auch wenn die Genehmigung des Transportes von Niedersachsen aus erfolgt, hätte eine Vorinformation über den geplanten Transport und notwendige Sicherheitsmaßnahmen dringend erfolgen müssen. Deshalb haben wir den Bericht gefordert, um die zu Recht beunruhigte Bevölkerung entlang der möglichen Transportstrecke informieren zu können und drohende Gesundheitsgefährdungen abzuwenden.

Der Bericht selbst ist allerdings eine Enttäuschung. Er enthält kaum etwas, was nicht schonnvorher aus niedersächsischen Quellen bekannt war und repetiert bürokratisch trocken Altbekanntes. Frau Ministerin, in der Schule würde man zu diesem Ergebnis sagen: Keine eigene Gedankenleistung, copy and paste, setzen, fünf. Dass der Bericht nicht ausreicht, hat die Ministerin ja offensichtlich schnell selbst gemerkt. Ihr freiwilliger Nachtrag im Fachausschuss hat zwar nicht viel zur Aufklärung beigetragen, aber doch viele offene Fragen erkennen lassen.

Eine besonders brisante Frage haben Sie allerdings in dieser Sitzung neu aufgeworfen: Welche rechtlichen und finanziellen Folgen hat das Angebot der Deponie, falls der nach Angaben von Staatssekretär Rabius noch nicht geschlossene Vertrag nie kommt? Wie lange bindet das Angebot rechtlich die Deponie, ab wann entsteht ein Schadensersatzanspruch? Wenn bereits eine Verpflichtung besteht, muss die Frage beantwortet werden, wer vor Abschluss durch den
Geschäftsführer informiert war. Der Aufsichtsrat? Das Ministerium? Es kann doch nicht sein, dass niemand irgendetwas von der besonderen Brisanz des größten Asbesttransportes in der Geschichte der Bundesrepublik quer durch unser Land gewusst hat!

Warum hat Mecklenburg Vorpommern ein eigenes, unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, wir aber schreiben in Niedersachsen ohne eigene Nachforschungen und Erkenntnisse ab? Warum muss eigentlich so dringend die Halde in Wunsdorf abgetragen werden, wenn viele Experten abraten, weil sie die Gefährdung durch Abtrag und Transport höher einstufen als die Sicherung vor Ort? Da hierzu fast nur die aus der Region Hannover gelieferten Daten im Bericht genannt werden, gibt es keine belastbare Gesamtbetrachtung aller Alternativen. Hier besteht Klärungsbedarf.

Warum stützt sich die Landesregierung in ihrem Bericht auf ein Gutachten über die Unbedenklichkeit des Transportes, das von einer nicht zertifizierten Stelle erarbeitet wurde?

Und warum bewerten Sie die offensichtlichen und von der Presse dargestellten Mängel bei den Testfahrten nicht? Drei Testfahrten wurden hiernach mit Messungen begleitet, ohne dass man wusste, ob in diesen Chargen überhaupt Asbest enthalten ist. Wenn dann nach der Fahrt durch Norddeutschland keine Asbestfreisetzung gemessen wurde, lag es vielleicht daran, dass gar kein Asbest transportiert wurde? Umgekehrt: Was wäre passiert, wenn auf diesen Testfahrten ­ ohne Genehmigung, durch den halben Kreis Herzogtum Lauenburg, durch die engen Straßen von Ratzeburg ­ hohe Mengen von Asbest freigesetzt worden wären - einfach Pech gehabt?

Warum hat man diesen Versuch nicht in einer geschlossenen Halle gemacht, mit Windkanal, wo alle Bedingungen simuliert werden können und exakte Messergebnisse zu erzielen sind? Ich finde das alles skandalös.

Es geht uns in Schleswig-Holstein formal möglicherweise nichts an. Aber wenn wir durch mögliche Gesundheitsgefährdungen unserer Bürger betroffen sind, dann kann eine Ministerin schon einmal sehr nachdrücklich die Frage an die Kollegen in Niedersachsen richten, ob denn nicht eher ökonomische Gründe maßgeblich sind und weniger Umweltaspekte.

Nun gut, wir erwarten von Ihnen einen überarbeiteten Bericht, mit Fakten. Insofern begrüßen wir den abermals vom ganzen Haus gefassten Beschluss, der einen neuerlichen Bericht im Landtag fordert und erneut die Erwartung äußert, dass bis zum befriedigenden Abarbeiten aller Fragen keine Annahme in Rondeshagen erfolgt.

Die Sicherheit der Bürger und Bürgerinnen muss Vorrang vor ökonomischen Aspekten haben. Bevor sich nur ein Rad von Wunstorf nach Rondeshagen oder Schönberg bewegt, sind alle Fragen zu klären. Für meine Fraktion ziehe ich die Zwischenbilanz: Es sieht nicht danach aus, als könnte das verantwortbar je passieren.

zurück | nach oben