10.09.2010

LANDTAGSREDE: Gesetzesmängel beheben, Nichtraucherschutz fortentwickeln

Landtagsrede vom 10.09.2010 zu TOP 22: Bundesweit einheitlicher Nichtraucherschutz (Drucksache 17/743)

Unser geltendes Nichtraucherschutzgesetz ist kein umfassend befriedigendes Gesetz. Es hat viele Mängel, viele Ausnahmeregelungen und es ist eben nicht gelungen, bundesweit, nicht einmal in Norddeutschland, eine Grundlinie für ein Regelwerk zu vereinbaren. Deshalb haben wir einen Flickenteppich, der von Schleswig-Holstein bis Bayern reicht.

Bayern ist das Stichwort. Hier hat eine Landesregierung ein Gesetz auf den Weg gebracht, das jetzt durch einen Volksentscheid bestätigt wurde, das das schärfste Nichtraucherschutzgesetz im ganzen Land darstellt. Dies löst dies auch in einigen anderen Ländern den Wunsch aus, so zu verfahren.

Das, was in den letzten drei Jahren bundesweit und auch in Schleswig-Holstein für den Nichtraucherschutz erreicht wurde, was erreicht wurde an Einstellungsveränderung, das war wirklich ein Paradigmenwechsel ‑ und dies erfreulicherweise auch bei Kindern und Jugendlichen. Das Gesetz findet trotz seiner Mängel weitestgehend Anerkennung und Beachtung, auch in dem hochsensiblen Bereich der Gaststätten.

Das Gesetz hat Mängel, trotzdem haben wir Sozialdemokraten es damals mit der CDU vereinbart ‑ heute sage ich: so vereinbaren müssen, um überhaupt etwas zu erreichen. Ausnahmeregelungen zum Teil unsinnigster Art sind darin enthalten, die wir gerne ändern würden.

Der Ansatz der Grünen ist gut und richtig. Über den Arbeitnehmerschutz ließe sich bundesweit eine einheitliche Regelung herbeiführen, die wirklich wirksam ist, die z.B. in Gaststätten den Fokus eben nicht nur auf die Gäste richtet, sondern auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort arbeiten müssen, und dies ebenso in allen anderen Bereichen, wo Arbeitnehmer tätig sind. Kleiner Wermutstropfen: Überall dort, wo inhabergeführte Gaststätten betrieben werden, dürfte das Rauchen erlaubt werden, es sei denn, wir regeln es wieder in einem Landesgesetz anders.

Zweiter Haken: Es wird nicht funktionieren, zumindest nicht jetzt, das hat die Bundesregierung schon deutlich gesagt. Nun kann man auf eine andere Bundesregierung setzen, auf andere Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Bis das so weit ist, möchte die SPD-Fraktion allerdings darüber hinaus hier im Landtag eine Diskussion darüber anstoßen, wie das jetzige Gesetz fortgeschrieben werden kann.

Dazu haben wir eine Große Anfrage vorbereitet, die die Regierung auffordert, umfänglich über die Erfahrungen mit dem Nichtraucherschutzgesetz zu berichten, und zwar über alle Bereiche, nicht nur in Gaststätten. Die Große Anfrage wird der Anstoß sein, das bisherige Gesetz zu evaluieren und zu einer kritischen Betrachtung der Ausnahmeregelungen zu kommen. Und das sind einige, oft verwirrende. Da ist vor allem die uns sehr schwer im Magen liegende Regelung, die es immer noch gestattet, dass in Diskotheken junge Menschen bei körperlich intensivster Betätigung hochgradig gesundheitsgefährdend auf Tanzflächen tanzen können, auf denen das Rauchen auf der Basis der Nebenraumregelung erlaubt ist.

Und damit bietet die Große Anfrage meiner Fraktion die Grundlage für eine Initiative zur Fortentwicklung des Nichtraucherschutzes in Schleswig-Holstein.

Im Wesentlichen wird diese Große Anfrage das Sozialministerium bearbeiten. Unser Sozialminister hat sich ja in seiner aktiven Zeit als Abgeordneter dieses Hauses vehement gegen das Nichtraucherschutzgesetz gewendet und zeichnet sich auch als Gesundheitsminister nicht gerade dadurch aus, dass er vehement für den Nichtraucherschutz im Sinne von Gesundheitsprävention eintritt. Im Gegenteil: Es gibt, glaube ich, im ganzen Bundesgebiet keine/n Gesundheitsminister/in, der bzw. die in diesen Fragen so zurückhaltend ist und falsch verstandene Toleranz für Raucher vor den Gesundheitsschutz nichtrauchender Menschen stellt. Da haben wir schon einen besonderen Gesundheitsminister: Wenn man ihn fragt, welche Maßnahmen er beim Nichtraucherschutz für sinnvoll hält, dann sieht man in seinen Augen nur eine tiefe, große, traurige Leere.

Ich fasse zusammen: Der Antrag der Grünen ist gut. Wir wollen aber nicht nur über eine bundesgesetzliche Regelung reden, sondern auch die Voraussetzung schaffen, das Landesgesetz weiter fortzuschreiben Unsere Große Anfrage wird der Start für die weiteren Diskussionen sein. Und vielleicht haben wir bis dahin ja auch einen neuen Gesundheitsminister.

zurück | nach oben