23.03.2015

LANDTAGSREDE: Das ganze Recht mit sechzehn

TOP 9, Gesetzentwurf zur Vereinheitlichung des Wahlalters (Drucksache 18/2813) - Rede zu Protokoll

Das ist nun der nächste große Wurf der FDP in dieser Sitzung, und ich habe sehr wohl gespürt, Herr Klug, wie gut es Ihnen getan hat, Ihrem Namen Ehre zu machen und die regierungstragenden Fraktionen auf einen Anpassungsbedarf in unserem Volksabstimmungsgesetz hinzuweisen. Und in der Tat – Sie haben Recht!

Dieses gute Gesetz, mit dem wir in unserem Land in beispielhafter Weise Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide als aktive Beteiligungsmöglichkeit für die Bürger und Bürgerinnen in Artikel 48 und 49 unserer Verfassung regeln, weist Korrekturbedarf auf.

Es ist unsystematisch, wenn ein Wähler und eine Wählerin zwar nach dem Landeswahlgesetz diesen Landtag wählen können, auf der anderen Seite aber von der Teilnahme an Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden ausgeschlossen sind. Das muss geändert werden, da haben Sie vollkommen Recht und wir sind froh, Sie bei beiden Themen – Bürgerbeteiligung und Wahlalter mit 16 – fest an unserer Seite zu wissen.

Sie tragen damit vorbildlich unsere Politik mit, die über dieses Gesetz den Bürgern Gelegenheit gibt, sich aktiv an der Gestaltung unseres Gemeinwesens zu beteiligen und damit Einfluss auf die Arbeit unseres Landtages zu nehmen, ohne selbst als Abgeordnete hier zu sitzen. Und Sie bestätigen geleichzeitig auch die von uns seinerzeit gegen auch Ihren Widerstand durchgesetzte Absenkung des Wahlalters bei Kommunal- und Landtagswahlen auf 16 Jahre.

Das Volksabstimmungsgesetz ist eine Erfolgsgeschichte. Die damit verbundenen Beteiligungsrechte und direkten demokratischen Elemente werden vielfältig von den Bürgerinnen und Bürgern aufgegriffen und angewendet. Die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten stehen dabei nicht im Widerspruch zu dem Grundprinzip der repräsentativen Demokratie. Dieses ist in dem Gesetz gut austariert.

Sie von der FDP waren ja lange skeptisch gegen die Absenkung des Wahlalters, an das Sie jetzt das Volksabstimmungsgesetz anpassen wollen. So ist es durchaus interessant, dass 1997 noch der Abgeordnete Kubicki damals in einer bemerkenswerten Rede der SPD vorgeworfen hat, sie würde nur als wahltechnisches Manöver die Beteiligung Jugendlicher vornehmen, um SPD-Wähler erkaufen zu wollen. Und er hat noch gesagt, dass, wenn die SPD so weitermacht (bezogen auf die geringe Begeisterung bei den Jugendlichen), sie bald eine vom Aussterben bedrohte Partei sein werde, die man unter Artenschutz stellen sollte. Das mit dem Artenschutz trifft nun heute wohl eher auf Sie zu, und Herr Kubicki war dann doch wieder einmal das Orakel von Strande. Und wie immer hat er sich dabei nur ein kleines bisschen geirrt.

Sie haben sich von den Irrtümern der Vergangenheit abgewendet, das erkennen wir an. Aber vielleicht haben Sie sich dieses Themas ja auch gerade jetzt angenommen, weil Sie ja seit einiger Zeit als im Parlament vertretene Partei selbst ihre Liebe für die Möglichkeiten des Volksabstimmungsgesetzes entdeckt haben. Sozusagen als Fortsetzung Ihrer parlamentarischen Arbeit mit anderen Mitteln, wenn die Oppositionsarbeit allzu fruchtlos ist oder sich in die APO verlagert hat.

Die Initiative „Pro Noten“ ist ja sozusagen Ihr Baby, ganz besonders von Frau Klahn. Ich gebe zu: So war das eigentlich nicht gedacht, dass nun im Parlament vertretene Parteien Volksinitiativen organisieren. Wir dachten dabei mit den Beteiligungsmöglichkeiten an die da oben (Tribüne), nicht an uns hier unten (Plenarsaal). Egal, Sie dürfen das. Das ist legal – ob es legitim ist, weiß ich nicht so recht. Unser Verständnis von parlamentarischer Arbeit ist das nicht.

Aber zurück zu Ihrem Gesetzentwurf. Ihr Vorschlag ist in Ordnung. Ich rechne allerdings damit, dass im Rahmen der Beratungen im Ausschuss das Volksabstimmungsgesetz auch in anderen Punkten überprüft wird. Die Regierungskoalitionen arbeiten an möglichen sinnvollen Änderungen und Ergänzungen, das will ich hier bereits ankündigen, und soweit ich gehört habe, teilt auch die Regierung die Notwendigkeit, über dieses Gesetz im Sinne einer Evaluation nachzudenken. Das Ergebnis wird uns dann nach gründlicher Beratung hier erneut im Parlament beschäftigen.

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