15.05.2014

Aus der Debatte: NDR weiterentwickeln, Beitrag gerecht gestalten

TOP 15, 20, 41: NDR-Staatsvertrag weiterentwickeln / Versprechen einlösen – Mehreinnahmen an die Beitragszahler zurückgeben / Informationsfreiheit im NDR-Staatsvertrag regeln (Drucksachen 18/1761, 18/1834, 18/1850, 18/1555, 18/1697)

Vizepräsident Bernd Heinemann:

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Peter Eichstädt das Wort.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Stell das alles mal klar, Peter!)

Peter Eichstädt [SPD]:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem Antrag der PIRATEN. Herr Krumbeck, in fünf Minuten kann man gar nicht so furchtbar viel zu dem sagen, was Sie vorgetragen haben. Sie scheinen zu vergessen, dass der NDR eine Vier-Länder-Anstalt ist und nicht von Schleswig-Holstein allein bestimmt werden kann, was im Vertrag steht. Aber das kann man vielleicht noch einmal im Ausschuss besprechen.

(Beate Raudies [SPD]: Ich kann mal eine Führung organisieren!)

Wir googeln in der Zwischenzeit ja auch nicht mehr, wir „dolgnern“.

(Heiterkeit und Beifall)

Im Ausschuss haben wir deutlich gemacht - Sie haben das ansatzweise wiedergegeben -, dass wir ebenfalls Regelungen anstreben, die zu mehr Transparenz und Auskunftspflichten des NDR führen. Wir wollen dies aber nicht statisch mit einem Bezug auf das Hamburger Transparenzgesetz, sondern wir wollen entsprechende Auskunftspflichten in den NDR-Staatsvertrag selbst schreiben. Das ist ein sinnvollerer Weg, zumal das Hamburger Transparenzgesetz auch einmal in Ihrem Sinne zum Nachteil geändert werden kann. Wir haben deshalb einen Antrag vorgelegt, eine feste Regelung zur Informationsfreiheit im NDR unter Berücksichtigung der dann aktuellen Gesetze der NDR-Länder vorzunehmen. Wir haben weitere Änderungsvorschläge aufgenommen, die bei einer Staatsvertragsänderung berücksichtigt werden sollten. Sie haben in der Zwischenzeit gemerkt, dass sie nicht so sinnlos waren; denn Sie haben sie selber in Ihrem Antrag auf- gegriffen.

Erstens streben wir die Öffentlichkeit der Sitzungen des NDR-Rundfunkrates an, die der Steigerung der Transparenz beim NDR und seinen Gremien dient.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Entschuldigen Sie, Herr Kollege, der Abgeordnete Breyer möchte gern eine Zwischenbemerkung machen. Ich frage Sie, ob Sie dies gestatten.

Peter Eichstädt [SPD]: Ja, gern.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen: Herr Breyer, bitte.

Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Herr Kollege, ich kann ja nachvollziehen, dass Einiges dafür spricht, die Informationsfreiheitsregelungen im Staatsvertrag selber zu regeln. Unser Wunsch ist nur, zu sagen, welche Regelung dort festgelegt werden soll. Können wir uns nicht auf eine Formulierung einigen - ich denke, wir werden die Anträge sowieso noch im Ausschuss behandeln -, in der wir sagen, wir wollen eine eigenständige Regelung über Informationsfreiheit festschreiben, die inhaltlich dem entspricht, was im Hamburger Transparenzgesetz steht? Ich meine, so hat es auch die Landesregierung vor, wenn ich richtig verstehe, was sie im Ausschuss angekündigt hat. Damit wären wir vollauf zufrieden und glücklich.

Wir kritisieren nur die unbestimmte Formulierung „unter Berücksichtigung der Gesetze aller vier Länder“. Das ist sehr unklar. Wir würden uns wünschen, konkret in das Gesetz zu schreiben, dass es dem höchsten Standard, dem Hamburger Standard, entsprechen soll.

Peter Eichstädt [SPD]:

Das Ganze geht ja auf die Diskussion zurück, ob die Gesetze des Bundeslandes maßgeblich sind, in dem sich die jeweilige Einrichtung befindet. Dazu gibt es eine Mehrheitsmeinung und eine Minderheitenmeinung. Das alles haben wir diskutiert.

Umgekehrt müssten dann zum Beispiel für die MA HSH die Gesetze in Schleswig-Holstein gelten, nicht die in Hamburg.

Sie haben bei Ihrem Versuch, es so zu formulieren, dass es für ein Gesetz oder für einen Staatsvertrag brauchbar ist, selber gemerkt, dass das nicht so einfach ist.

Na klar, wir wollen im Prinzip das, was jetzt im Hamburger Gesetz steht. Aber ich denke, Sie bei den PIRATEN haben irgendwie den irrtümlichen Eindruck, dass solch ein Staatsvertrag jedes Vierteljahr einmal geändert wird. Die letzte Änderung des Staatsvertrages zwischen den vier NDR-Ländern fand im Jahr 2005 statt. Er ist jetzt zum Jahr 2017 zu kündigen, es sei denn, die Länder hielten es für sinnvoll, ihn vorher zu ändern. Dazu müssen Sie aber vier Länder an einen Tisch bekommen und wissen, was Sie ändern wollen. Das ist keine Allerweltsregelung, die jeden Tag einmal durchgeführt wird.

Deshalb haben wir gesagt, wir wollen sehen, welche gesetzlichen Regelungen in den anderen Ländern zu dem Zeitpunkt gültig sind. Es ist doch klar, dass jedes Land in den Verhandlungen über solch einen Staatsvertrag schaut, was es selber geregelt hat. Darauf aufbauend muss man dann eine entsprechende Form finden. Ich denke, vom Grundsatz her ist es das, was bereits heute im Transparenzgesetz steht.

Herr Breyer, Sie wissen auch genauso gut wie ich, dass es in Hamburg mit diesem Transparenzgesetz erhebliche Probleme gibt. Ich schließe nicht aus, dass die Hamburger bis dahin das eine oder andere daran geändert haben werden. Von daher halten wir unseren Ansatz für richtig, zu sagen, wir wollen das vom Grundsatz her, und dann, wenn es an der Reihe ist, schauen wir, was mit den anderen Ländern unter Berücksichtigung der Regelungen, die in den anderen Ländern bestehen, möglich ist.

 Wo war ich stehengeblieben? - Zweitens. Wir wollen, dass eine angemessene Berücksichtigung von Fernseh- und Hörfunkbeiträgen in friesischer und dänischer Sprache in Schleswig-Holstein

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW])

sowie interkulturelle Programmangebote verankert werden. - Da klatschen nicht nur die Kollegen vom SSW, das finden auch wir von der SPD gut.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Drittens. Wir wollen einen Sitz für die Minderheiten in Schleswig-Holstein im Rundfunkrat etablieren. Die ganze Problematik um die Zusammensetzung des Rundfunkrates kann ich jetzt aus Zeitgründen nicht ausführen.

Viertens. Wir wollen, dass Angebote für hör- und sehbeeinträchtigte Menschen sowie die Angebote in leichter Sprache verstärkt Berücksichtigung in den Programmen des NDR finden.

Das ist unser Paket für die Änderung des NDR-Staatsvertrages, wenn sie denn ansteht.

Nun zu dem Antrag der FDP. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie haben recht. Hierzu hat es eine Resolution gegeben, die eigentlich alles besagt. Wir haben sie in der 17. Wahlperiode beschlossen. Warum Sie sie hier noch einmal bestätigen wollen, weiß ich nicht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist schon ein paar Tage her!)

- Das ändert ja nichts an der Gültigkeit des Beschlusses und vor allen Dingen an der Sinnhaftigkeit, zumal er ja umgesetzt ist, Herr Kubicki.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Noch nicht!)

- Die Evaluation läuft ja. Das ist der Kern. Ich vermute, dass Sie - Ihnen persönlich unterstelle ich das nicht, Ihr Name steht ja auch nicht darunter - das Prinzip der Finanzierung des Öffentlichen Rundfunks nicht alle verstanden haben. Egal was wir tun, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mehreinnahmen bekommt immer der Beitragszahler. Die Frage ist nur, auf welchem Weg.

(Lachen Uli König [PIRATEN])

Sie unterstellen in Ihrem Antrag, dass die Mehreinnahmen aus den Beiträgen den Anstalten zufließen. Das ist, gelinde gesagt, Unsinn. Die Anstalten bekommen weiterhin das, was die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfes im Auftrag der Parlamente - also auch in unserem Auftrag - als angemessenen Bedarf zur Erfüllung der ihnen von den Ländern übertragenen Aufgaben - also auch von uns - festgestellt hat. Wenn die Einnahmen aus den Beiträgen höher liegen, bekommen die Anstalten davon keinen Cent und schon gar keinen Euro.

Es bestehen systematisch mehrere Möglichkeiten, mit den Mehreinnahmen umzugehen. Einige Bei- spiele: Die Mehreinnahmen gehen in eine Rücklage und sorgen für Beitragsstabilität in den nächsten Jahren. Die Mehreinnahmen können aber auch voll- ständig verwendet werden, um die Beiträge sofort zu senken. Das würde aber bedeuten, dass der Rundfunkbeitrag schon bald wieder erhöht werden müsste. Eine dritte Möglichkeit ist, es genauso zu machen, wie es in der Resolution steht: Man wartet die in Auftrag gegebene Evaluation des Beitragssystems ab und entscheidet dann über eine kluge Mischung aus Beitragsreduzierung und Korrektur von Verwerfungen im System.

Diese Verwerfungen gibt es. Eine haben Sie selber in Ihrem Antrag genannt. Herr Brockmann als Vertreter des Handwerks sitzt auf der Tribüne und wartet gespannt darauf, was wir heute dazu sagen. Aber aus Sicht der Koalition gibt es andere wichtige Gruppen wie zum Beispiel die ausländischen Studentinnen und Studenten ohne Einkommen, die nicht befreit werden, weil sie kein BAföG bekommen, die Menschen in stationären Einrichtungen, Kitas, Kommunen, Menschen mit Behinderung und Ähnliches mehr. Alles das wollen wir in den Fokus nehmen.

Vizepräsidentin Marlies Fritzen:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Peter Eichstädt [SPD]:

Wir wollen die Evaluation der unabhängigen Kommission abwarten. Der Antrag der FDP ist aus unserer Sicht inhaltsleer, weil er nichts sagt, was wir nicht ohnehin schon beschlossen haben. Er spielt mit der falschen Annahme, dass die öffentlich- rechtlichen Anstalten das höhere Beitragsaufkommen bekommen.

Wir wollen nach der Evaluation - jetzt komme ich zum letzten Satz - entscheiden, wie so verfahren werden kann, dass wir Verwerfungen und Ungerechtigkeiten im Beitragssystem ausgleichen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

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