20.05.2015

LANDTAGSREDE: Kein schwarzer Kanal: Der Schlüssel liegt in Brüssel

TOP 33: Geoblocking im öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen (Drs. 18/2948)

Geoblocking ist ein Anachronismus in einem zusammenwachsenden Europa. Deshalb muss sichergestellt werden, dass auf allen Übertragungswegen und damit auch im Internet über alle Ländergrenzen hinweg alle bereitgestellten Inhalte überall zu empfangen sind. Dies entspricht unserem Verständnis von einem zusammenwachsenden, grenzenlosen Europa.

Das Prinzip des Geoblocking ist, dass bei jeder Abfrage eines Angebotes über das Internet geprüft wird, aus welchem Land die IP-Adresse stammt und entsprechend der Stream ausgeliefert wird oder eben nicht.

Der freie Zugang zu Medien über Ländergrenzen hinweg ist auch eine minderheitenpolitisch relevante Frage und eine der Kernforderungen der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV). Insofern ist es richtig, den Fokus auch auf das deutsch-dänische Grenzland zu richten. Dem Antrag der Fraktion der Piraten stimmt deshalb im Wesentlichen auch meine Fraktion zu.

Allerdings stellt sich das Problem, wenn man wirklich nach Lösungen suchen will, wie Geoblocking verhindert werden kann, noch etwas komplexer dar. Denn Geoblocking betrifft natürlich nicht nur das Internet als Übertragungsweg für mediale Inhalte zwischen Dänemark und Deutschland bzw. umgekehrt, sondern es betrifft den gesamten europäischen Raum. Genauso betrifft es nicht nur den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern auch private Sender, Mediatheken, Videoplattformen, YouTube und vieles mehr. Die Frage ist deshalb: Wie kann sichergestellt werden, dass in ganz Europa alles, was ins Internet gelangt, auch überall empfangen werden kann?

Fakt ist, dass die Sperre von Inhalten zum Beispiel der öffentlich-rechtlichen Sender nicht selektiv auf Dänemark bezogen erfolgt. Und deshalb greift der Antrag der Piraten an dieser Stelle auch zu kurz.

Geoblocking kennt in der Praxis nur die Selektion zwischen weltweit und beschränkt auf Deutschland. Theoretisch denkbar wäre es, da als Selektionsmittel die IP-Adresse dient, auch Inhalte länderspezifisch zum Beispiel von Deutschland aus Dänemark freizugeben. Dies führt aber zum eigentlichen Problem, da das Geoblocking nicht etwa erfolgt, weil die Öffentlich-Rechtlichen ihre Inhalte nicht preisgeben wollen, sondern weil in zahlreichen Fällen Urheberrechte bzw. Lizenz- und Übertragungsrechte eine Rolle spielen.

Besonders spürbar wird dies zum Beispiel bei Sportereignissen, wobei die Übertragungsrechte für Großsportereignisse nicht nur beschränkt für einzelne Länder erworben werden, sondern in der Zwischenzeit auch getrennt für Übertragungswege.

Dass die Frage nicht nur bilateral zwischen Dänemark und Deutschland geregelt werden kann, wird vor dem Hintergrund der Urheber- und Lizenzrechte deutlich. Wenn, was technisch möglich wäre, Deutschland seine Programme nach Dänemark freischalten würde, könnte es das tun und die zusätzlichen Lizenzkosten dafür zahlen. Das wäre vielleicht sogar für 5,5 Mio. dänische Staatsbürger machbar. Umgekehrt soll Dänemark das aber auch tun, allerdings dann für rund 80 Millionen Deutsche, was ungleich teurer würde. Diese Asymmetrie macht deutlich, dass nur eine europäische Regelung wirklich zu einer Lösung führt.

Die Lösung dieses Problems liegt also in Brüssel. Hier wird im Rahmen der Debatte über einen digitalen Binnenmarkt auch über ein neues Urheberrecht diskutiert, das dringend erforderlich ist und die Notwendigkeit, einzelne Beiträge auf Grund von Urheberrechts- oder Lizenzfragen zu blocken, überflüssig macht. Konkrete Gesetzgebungsvorschläge wird die Europäische Kommission aber erst im ersten Halbjahr 2016 vorlegen. Es ist gut, dass wir das Thema rechtzeitig ansprechen, wir sollten uns aber dann auch die Zeit nehmen, die komplexen Fragestellungen, die damit verbunden sind, vertieft im Ausschuss zu beraten und uns Expertenwissen einzuholen.

Etwas anders ist die Situation im Satellitenbereich. Hier sendet, wenn wir den Blick auf Deutschland und Dänemark richten, zum Beispiel Deutschland alle Inhalte unverschlüsselt in die Astra-Satelliten, was zur Folge hat, dass alle Sendungen bis nach Nordafrika uneingeschränkt empfangbar sind. Das ist den Rechte-Inhabern schon jetzt ein Dorn im Auge und sie wünschen auch hier eine Beschränkung, die technisch möglich ist und z.B. in Großbritannien schon praktiziert wird. Das zeigt, dass Geoblocking, wenn wir nicht aufpassen, auch ein Problem bei der satellitengestützten Übertragung von Inhalten werden kann, wenn wir nicht zu einer übertragungswegunabhängigen Neuregelung des Urheberschutzleistungsrechts kommen.

Also noch einmal: Die Lösung liegt in einer EU-weiten Verständigung auf Regelungen. Diesen Prozess, der jetzt in Brüssel angestoßen wurde, sollten wir begleiten. Deshalb beantragen wir die weitere Beratung im Europaausschuss, mitberatend im Innen- und Rechtsausschuss.

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