16.12.2011

LANDTAGSREDE: Ein kraftvolles Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Landtagsrede vom 16.12.2011 zu TOP 8, Gesetzentwurf zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (Drucksache 17/2080)

Ein kraftvolles Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk Die Bedeutung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages für die Zukunft des öffentlich- rechtlichen Rundfunks ist unbestritten. Es geht um den Systemwechsel von Gebühren mit Gerätebezug zur Haushaltsabgabe. Das ist angesichts der rasanten Entwicklung im digitalen Bereich eine sinnvolle und notwendige Lösung.

Dass der Vertrag so lange in den Parlamenten gelegen hat und der Schleswig-Holsteinische Landtag jetzt als letzter seine Zustimmung geben wird, liegt an Detailregelungen, die in wichtigen Punkten unbefriedigend sind. Diese haben wir in der Resolution beschrieben, die wir heute mit beschließen werden.

Die datenschutzrechtlichen Defizite in dem Vertrag sind ärgerlich. Wir halten es für nichthinnehmbar, dass Vermieter Auskünfte über ihre Mieter geben müssen. Das muss geändert werden. Änderungen müssen z.B. bei den betrieblich genutzten PKW ebenso wie bei dem Anknüpfungspunkt Zahl der Mitarbeiter in Betrieben vorgenommen werden, spätestens wenn das neue Abgabenaufkommen bekannt ist.

Aber die Ministerpräsidenten haben einmal mehr den Parlamenten einen Staatsvertragvorgelegt, der von diesen nur akzeptiert oder abgelehnt werden kann. Wir sollten über dasVerfahren zum Zustandekommen von Staatsverträgen dringend neu nachdenken.

In Zusammenhang mit diesem Vertrag ist in den vergangenen Monaten eineGrundsatzdiskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, seine Qualität, seine Kosten,
seine Sinnhaftigkeit geführt worden. Ich glaube, dass viele Beiträge dazu über das Ziel hinausgeschossen sind.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine uns Deutschen von den Alliierten nach dem Krieggeschenkte, eine durch die Verfassung abgesicherte Säule der medialen Meinungsfreiheit und der Demokratie. Es gilt eine ganz klare Aufgabentrennung: Die Parlamente haben über den grundsätzlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten zu entscheiden. Aber die Ausgestaltung, im Besonderen die programmliche, und die journalistische Arbeit ist einzig und allein Sache der Anstalten selbst, ihrer Gremien bzw. der dort arbeitenden Journalisten.

Und wer kritisch darauf blickt, dass acht Milliarden Euro für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk über Gebühren, zukünftig Abgaben, refinanziert werden, sollte auch erwähnen, dass andere private Medienunternehmen, mit denen die Öffentlich-Rechtlichen im Sinne einer Meinungsvielfalt konkurrieren, diese acht Milliarden deutlich übersteigen.

Was die Qualität im öffentlich-rechtlichen Fernsehen angeht, gebe ich zu, auch ich mag nicht alles sehen, was da läuft. Wir sollten uns aber davor hüten, alles zu kritisieren, was einem vermeintlich höheren intellektuellen Niveau nicht entspricht. Der Auftrag an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, nicht nur im Bereich der Information und der Nachrichten, sondern auch im Bereich der Unterhaltung ein vielschichtiges Programm zu senden, das für alle Menschen in unserem Land Angebote bereit hält.

Dies können die privat finanzierten Rundfunk- und Fernsehanstalten, die wegen der direkten Koppelung an die Werbeeinnahmen ihre Programme nur an Einschaltquoten ausrichten, nicht leisten. Damit will ich nicht die Privaten verteufeln, sie haben im dualen System, zu dem meine Fraktion und ich stehen, eine andere Finanzierungsgrundlage und die Sender müssen dabei offensichtlich andere Kompromisse eingehen.

Selbstverständlich erwarten wir auch von den öffentlich-rechtlichen Anstalten einen sparsamen Umgang mit den Haushaltsmitteln. Aber ich wünsche mir nicht, dass wir als Parlament sagen, was sie zu tun haben. Ich wünsche mir auch nicht, dass sie, um sich zu finanzieren, auf Geldgeber Rücksicht nehmen müssen, auf Werbende, auf Eigentümer mit eigener politischer Meinung, auf Parlamente, die nach Lust und Kalkül Finanzen zur Verfügung stellen. Diese Unabhängigkeit darf nicht angetastet werden.

Die Grünen haben angekündigt, diesem Vertrag nicht zuzustimmen. In fast allen anderen Parlamenten haben die Grünen zugestimmt.

Wir wollen den Systemwechsel; der ist mit diesem Vertrag möglich. Ärgerliche Fehler müssen zeitnah korrigiert werden, wie es die Resolution beschreibt. Aber es wird der Bedeutung des Kerns des Vertrages nicht gerecht, diesen Vertrag wegen dieser Mängel abzulehnen.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten liefern ein Informationsangebot, dem viele Menschen vertrauen, gerade im Nachrichten- und Informationsbereich. Ich sehe in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine kräftige zentrale Säule der Meinungsfreiheit und der Demokratie. Die Öffentlich-Rechtlichen sind freier als alle anderen, sie machen dabei auch einmal Dinge, die uns nicht gefallen. Das müssen wir ertragen.

In diesem Sinne ist für mich und für meine Fraktion die Zustimmung zu diesem Staatsvertrag trotz seiner erwähnten Schwächen ein kraftvolles Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zu seinen vielfältigen regionalen, nationalen, internationalen Berichterstattungen.

Es wäre gut, wenn das ganze Parlament dem folgen könnte.

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