24.08.2011

LANDTAGSREDE: Datenschutz: So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Landtagsrede vom 24.08.2011 zu TOP 3 + 11, Gesetzentwürfe zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes und des Landesverfassungsschutzgesetzes (Drucksachen 17/1599, 17/1698, 17/1707)

Schleswig-Holstein hat im Jahr 2000 eines der modernsten Landesdatenschutzgesetze beschlossen. Allerdings machen die technische und die Entwicklungen im Rechtsbereich der letzten 10 Jahre im Bund und in der EU eine Anpassung des Gesetzes notwendig. Wir haben deshalb heute gleich zwei Gesetzesentwürfe vorliegen. Einer, der schon im Innen- und Rechtsausschuss beraten wurde und ein Gesetz der Landesregierung in erster Lesung.

Zunächst zum Gesetzentwurf der Landesregierung. Wir begrüßen im Wesentlichen die angestrebten Änderungen. Hervorzuheben ist, dass der Entwurf von der statischen Benennung von Einzelschutzmaßnahmen weg- und stattdessen zu allgemeinen Datenschutzzielen kommt.

Im Übrigen sind uns viele der Änderungen, die in dieses Gesetz aufgenommen sind, aus den Forderungen des Datenschutzbeauftragten im Datenschutzbericht 2010 bekannt. Der Datenschutz wird in Zeiten des Internets, der vielen neuen Kommunikationsmöglichkeiten und anderer technischer Errungenschaften zur Übermittlung und Speicherung von Daten zunehmend wichtiger. Jeder Mensch, der sich im Internet bewegt, hinterlässt in seinem Alltag vielfältige Datenspuren. Sei es beim Telefonieren, beim Surfen (im Internet), beim Gang zum Arzt oder auch einfach nur beim Einkaufen.

Diese Daten können unter anderem für Werbezwecke, aber auch für Kriminelles missbraucht werden. Der Missbrauch von Daten für Werbezwecke ist in jüngster Zeit durch die Diskussion in den Fokus gerückt, die der Datenschutzbeauftragte im Zusammenhang mit dem „gefällt-mir“-Button von Facebook angestoßen hat. Auch wenn wir nicht meinen, dass er in allen Punkten recht hat, halten wir diesen Anstoß für begrüßenswert. Ich glaube allerdings nicht, dass wir mit Verboten und Strafen der Problemlage gerecht werden.

Die sozialen Netze haben sich lange verselbstständigt und sind zu einem integrierten Bestandteil des Lebens (nicht nur) junger Menschen geworden. Diese sind sich zu einem großen Teil durchaus darüber bewusst, welche Daten von ihnen im Netz verbleiben und dass sie weiterverwendet werden können. Sie ordnen diesen Umstand ihrem Wunsch, im Netz zu kommunizieren, aber vielfach und bewusst unter. Ich glaube, wir kommen nur wirklich voran, wenn wir diesen Umstand akzeptieren und nicht dem Phantom eines scheinbar möglichen umfassenden Datenschutzes in Zeiten des Internets hinterher eifern.

Es gilt vielmehr, persönlich abzuwägen zwischen Nutzen und Schaden. Und diese Abwägung kommt bei vielen jungen Menschen zu einer eindeutigen, für uns oft überraschenden Entscheidung gegen die totale Abschirmung persönlicher Daten. Das, glaube ich, ist auch ein grundlegender Denkfehler unseres Datenschutzbeauftragten. Die Möglichkeiten, die die neuen Technologien für jeden Einzelnen bieten, dürfen nicht unangemessen eingeschränkt werden, gleichzeitig müssen aber die freiwillig und bewusst hergegebenen Daten, die gesammelt, möglicherweise weitergegeben und ausgewertet werden, trotzdem vor Missbrauch geschützt werden.

Es ist nicht einfach, diesen Spagat hinzubekommen zwischen der Freiheit im Netz einerseits und der Sicherheit der personenbezogenen Daten andererseits. Unsere Antwort ist die immer wiederholte Forderung nach einer verstärkten Vermittlung von Medienkompetenz, für die sich meine Fraktion ja nun schon seit längerem einsetzt. Nur wer um die Risiken weiß, kann auch verantwortungsvoll mit seinen Daten im Netz umgehen. Und wer seine Daten dann in voller Kenntnis hergibt, tut dies eben auch im Rahmen des Rechts auf Selbstbestimmung über seine persönlichen Daten.

Bei einer der wesentlichen Neuerungen im Gesetz handelt es sich genau um diesen Punkt: Um die Regelungen zur Veröffentlichung von Daten im Internet. Wir werden dies und anderes im Ausschuss besprechen; es ist müßig, das hier und heute alles aufzuzählen. Nicht in den Entwurf aufgenommen worden ist die im Datenschutzbericht genannte Forderung nach der obligatorischen Bestellung von behördlichen Datenschutzbeauftragten. Wir werden im Ausschuss darüber sprechen.

Noch etwas zu dem Gesetzentwurf von CDU und FDP. Diese Novellierung war notwendig, weil die europäische Datenschutzrichtlinie umgesetzt werden musste, um die Kontrollstellen für den Datenschutz so zu gestalten, dass sie ihre Aufgabe in völliger Unabhängigkeit wahrnehmen können. Der EuGH hatte dies 2010 bemängelt ‑ danach muss die Arbeit der Landesdatenschutzbehörden weisungsfrei erfolgen. Die Anpassung ist deshalb schlüssig, sie hätte etwas früher kommen können, so schwierig war es nicht. Aber sei es drum, nur das Ergebnis zählt.

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